Dolce vita zwischendurch

Fallen die Reisebeschränkungen, steigt die Reiselust. Trotz Stauwarnungen. Die Pluspunkte überwiegen einfach: ein verlängertes Wochenende nach einem dauerverregneten, frostigen Frühjahr mit Sonne, Strand und Meer - verlockend. Wenn es nur für vier Tage ist. Eines ist schnell klar: im Stau steht eigentlich nur der Busfahrer. Wir Reisenden brauchen halt ein bisschen länger ans Ziel. Und haben dabei alle Freiheiten. Lesen, Musik hören, dösen, Alltag hinter uns lassen, Pläne schmieden für die Urlaubstage, Eindrücke aufsaugen. Derer gibt es zahlreiche: etwa leuchtend rote, riesige Klatschmohnfelder, ein leuchtendes Spektakel. Die Fotos verwackeln, kommt der Bus etwa doch nicht so langsam voran? Wichtig im Reisegepäck: Jause und für die Kleinen jede Menge Farbstifte, Papier und Lektüre. 481 Seiten Franz-Geschichten schaffen wir auf Hin- und Rückfahrt. Vorleserekord! Getränke hat Busfahrer Ernst vorsorglich schon eingekauft, in den Prosecco-Reihen wird die Stimmung zusehends heiter, die Vorfreude steckt alle an. Schon wieder Stau? Wirklich? Gar nicht mehr bemerkt...

Nach rund neun Stunden Fahrt erreichen wir das ersehnte Ziel, zu unserer Linken erstreckt sich das glitzernd blaue Meer, vor uns die kilometerlange, pinienbeschattete Allee, Markenzeichen von Jesolo Lido. Viel entspanntes Gewusel, aber noch fern vom Hauptsaison-Ansturm, das Thermometer im Bus ist mittlerweile auf 26 Grad geklettert, bei frischen 14 Grad sind wir frühmorgens in Tirol aufgebrochen. Ristoranti, Pizzerias, dazwischen kleine Geschäfte mit Strandutensilien, kitschig-schöner Gute-Laune-Keramik, Mitbringseln, luftigen Sommeroutfits, Postkarten, Bars und Pasticcerias, Urlaubsherz, was willst du mehr? Ach ja, eine Gelateria wäre noch ganz gut, Stracciadella mit extra Schokolade obendrauf. Ziemlich nahe am Leuchtturm, an der Piazza Nember, steigern wir aus, Busfahrer Ernst (erstaunlicher Weise immer noch bester Laune) händigt uns das Gepäck aus. Wir schleppen es ein paar Meter zum Hotel. Hotel Luxor und Cairo, gute Wahl, das beweist schon der freundliche Empfang. Zimmer 402, herrlicher Meerblick, groß genug für fünf Personen, zwei (!) Bäder, Luxor-Luxus, sehr erfreulich.

Das lästige Eincremen trübt kurz die Stimmung, die elterlichen Vorträge über die Notwendigkeit eines penibel aufgetragenen Sonnenschutzes (ja, bitte auch hinter den Ohren!!) nervt. Strandkübel besorgen, Schaufel in XXL, schließlich ist Großes geplant. Gibt es eine Luftmatratze, auf der wir alle Platz haben? Und die wir irgendwie im Bus auch wieder mit nach Hause bekommen?

Die nächsten Tage sind schnell erzählt, spielen sie sich doch vorwiegend im nassen Element ab. Ob im badewannenwarmen Wasser des traumhaften Pools (auch die ewig fröstelnde Mama traut sich hinein) oder in der erfrischenden Adria (für Ambitionierte: also für alle außer Mama): wir schwimmen, tauchen, genießen. Das Kübelchen füllt sich mit Muscheln, eine schöner als die andere, die von Papa gekonnt errichteten Sandgräben und Kanäle erinnern vage an Venedig, zwischendurch ein eiskaltes Lemon Soda an der Strandbar. Das Zuckerwasser schmeckt doch nur in Bella Italia! Gegen Abend hin leert sich der ohnehin noch sehr dünn besiedelte Strand, ruft das hervorragende (!) Essen in den Speisesaal. Sonderwünsche (heikle Kinder...) werden prompt erfüllt: "Nur Nudeln!" - "Con pomodoro?" "Con parmiggiano?" - "Con nix am liebsten", während die Eltern schwelgen in cremigen Risotti, gegrilltem Fisch und Meeresfrüchten zum Niederknien. Jetzt noch ein Bummel durch die Fußgänger*innenzone, eine Fahrt mit dem Tandemrad, ein Eis geht noch, aber locker. Urlaubsfeeling, Sommerferien (jetzt schon?!), Reiselust.

Irgendwann ist Ernst zurück mit seinem Bus, alle einsteigen, ja, auch die riesige Luftmatratze darf mit. Staus und Zeitvertreib auf der Heimreise? Siehe Hinfahrt... einziger Kritikpunkt: die vier Tage sind viel zu schnell vergangen und so manche Aktivität wurde verschoben: Tretboot fahren, Standup-Paddling, Flaschenpost... nächstes Mal? Nächstes Mal!