FAmilienland tirol 1/2022

Buchtipps für den Frühling

Holgers Haus

Stein und Holger sind Zimmergenossen. Sie haben ein wunderschönes Zuhause, gerade richtig gemütlich. Was jedoch Ordnung und Sauberkeit anbelangt, haben sie gänzlich unterschiedliche Vorstellungen. Das geht eine Weile lang gut, bis Holger eines Tages der Kragen platzt. Kurzerhand packt der das Haus auf den Anhänger seines Fahrrads und ergreift die Flucht. Egal wohin, Hauptsache weit weg von Stein, dem ewigen Schmutzfink und Tollpatsch. Ein idyllisches Plätzchen ist schnell gefunden, mit seinen sieben Lieblingsbüchern macht er es sich auf der Couch bequem. Diese Ruhe! Diese herrliche Ruhe! Doch schon bald ist alles anders... eine zauberhafte Geschichte vom Allein- und Zusammensein.

Jule Wellerdiek, Holgers Haus, Knesebeck 2022, ab 3 J.

 

321 superschlaue Dinge, die du über Geschichte wissen musst

"Man nehme Hackfleisch und würze es mit Salz. In Wein eingeweichtes Brot und Pinienkerne hinzugeben..." - der eine oder andere Schritt fehlt in diesen zitierten Zeilen noch, aber folgt man den Anweisungen, hält man am Ende einen Hamburger in der Hand: über 2000 Jahre altes Fastfood nach einem Rezept des römischen Feinschmeckers Apicius, der sich auch gebratene Haselmaus schmecken ließ. Selbstverständlich lockt dieses kurzweilige, illustrierte Sachbuch nicht nur mit Kulinarischem: vom Urknall (bei dem eigentlich gar nichts knallte, zumindest nicht laut) bis zum "Blick in die Glaskugel der Zukunft" werden LeserInnen hier mit verblüffenden Fakten gefüttert. Lesenswert!

Mathilda Masters, Louize Perdieus, 321 superschlaue Dinge, die du über Geschichte wissen musst, Hanser 2021, ab 11 J.

 

Der Urwald hat meinen Vater verschluckt

Ein Projekt für den Biologieunterricht soll Eva sich ausdenken, zu einem Thema, das sie wirklich interessiert. Wesley schreibt über Biotomaten, Luuk über Warane. Eva, die alleine mit ihrer berühmten Mutter, einer Sängerin, lebt, weiß, worüber sie mehr erfahren möchte: biologische Väter! Ihren Vater kennt sie nicht, weiß nicht einmal seinen Namen. Vielleicht hat er elf Zehen, so wie Eva? Und so startet sie in diesem 425 Seiten starken Roman eine Suche, die sie auch räumlich weit führt: bis in den Dschungel von Suriname, wo von Schlangen bis zum reißenden Fluss ungeahnte Gefahren lauern, vielleicht aber auch irgendwo ein Vater steckt, der auf Eva wartet? Mutig, unerschrocken, steht Eva für sich selbst ein, gibt nicht auf, und gelangt an ein Ziel, das immerhin Klarheit bringt. Spannend, feinfühlig, hintergründig.

Simon van der Geest, Der Urwald hat meinen Vater verschluckt, Thienemann 2021, ab 10 J.

 

Swing High. Tanzen gegen den Sturm

Henri, 16, aus Hamburg, liebt das Tanzen, die Ausgelassenheit, die Fröhlichkeit. Die Musik, Swing, Jazz, das Feiern, er liebt England und seine Freunde dort. Doch die Zeit, in der Henri groß wird, ist keine fröhliche, ganz im Gegenteil: die Nazis sind an der Macht, der Zweite Weltkrieg steht vor der Tür, die Gestapo ist auf der unermüdlichen Suche nach Regimekritikern, mögen sie noch so jung sein. Im "Stadthaus" drohen Folter, Demütigung, Gewalt. Wer zurückkommt, ist gebrochen, dem fehlt mehr als ein paar Schneidezähne. Die jüdischen Freunde versuchen zu fliehen, ob die Flucht gelingt, weiß niemand. Nach und nach werden die Mitglieder der Clique rund um Henri eingezogen: von der Hitlerjugend direkt in die Wehrmacht. Nicht alle werden überleben. Ein bedrückender Roman mit realem historischem Hintergrund.

Cornelia Franz, Swing High. Tanzen gegen den Sturm, Gerstenberg 2022, ab 14 J.

 

Mit Worten will ich dich umarmen

Wunschzettel sind nicht nur etwas fürs Christkind. Lena Raubaums Wunsch gilt das ganze Jahr über: "Ich wünsche mir / eine Umarmung von dir / dazu ein paar schöne Worte / und Schokotorte". Gerade jetzt im tristen Februar. Da zaubert die österreichische Lyrikerin ein Lächeln auf spröde Lippen, etwas Vorfreude, etwas Zuversicht. Dafür hat sie Sätze gesammelt, die guttun können, da wird gelacht, da ist man für einander da; da freut man sich über "Wortschätze": Schabernack, Schluckauf, Schnabulieren. Natürlich gibt es nicht nur Sonne, sondern auch Regentage. Aber die haben Wasserpfützen, immerhin, in die man freudig springen kann. Gedichte für kleine und große SprachliebhaberInnen!

Lena Raubaum, Katja Seifert, Mit Worten will ich dich umarmen, Gedichte und Gedanken, Tyrolia 2021.

 

Der kleine Ritter Fürchtenicht

Hoch zu Ross. Im Turnier oder im Krieg. Furchtlos, unerschrocken, heldenhaft. Wie ein Ritter zu sein hat, darüber gibt es keinen Zweifel. Und wehe, wenn einer anders ist. So wie der kleine Ritter Fürchtenicht, der voller Ängste und Sorgen durch sein junges Leben tapst. Allerdings: auf dem Pferd reitet er und das ist schon einmal gut. Denn ohne Pferd würde der kleine Feigling niemals zur Drachenburg gelangen, wo ein Mut-Ei wartet, dem man Zauberkräfte nachsagt. Das Ziel fest vor Augen überwindet der Held wider Erwarten Hürde um Hürde, wofür er nicht nur blendende Ideen haben, sondern - man höre und staune - auch jede Menge Mut aufbringen muss. Eine wunderbare, zart illustrierte Geschichte für alle tapferen Angsthasen!

Lilli Eggerth, Der kleine Ritter Fürchtenicht, Bucher 2021, ab 4. J.

 

Aurora und die Sache mit dem Glück

Aurora ist irgendwie komisch. Sehr intelligent, aufgrund diverser Ticks und Marotten aber eine gemobbte Außenseiterin. "Nicht alles hat einen Namen", meinen Ärzte und Psychologen, Aurora ist nicht krank, nur ein wenig anders eben. An ihrer Seite ist Duck, ein Hund, der sie auf Schritt und Tritt begleitet, wenn nicht gerade Schule ist. Für ihre Eltern ist die später Erfüllung ihres Kinderwunsches ein unglaubliches Glück, sie (über)behüten die Tochter, an Liebe mangelt es nicht. Doch dann wird über Nacht vieles anders: ein Brand verwüstest Teile des Hauses, Duck verschwindet spurlos und der Besuch von Heidi steht an, einem früheren Pflegekind der Familie, das diffuse Eifersuchtsgefühle in Aurora weckt. Berührende Geschichte eines Mädchens, das ganz besonders ist.

Sarah Weeks, Aurora und die Sache mit dem Glück, Hanser 2022, ab 10 J.

 

Hunde im Futur

"Das Substantiv oder Nomen bezeichnet Personen, Tiere oder Dinge. Man schreibt es am Anfang mit einem Großbuchstaben." Soweit so gut - eine Information, wie aus dem Grammatikteil eines Deutschbuches. Dass dies jedoch ein Zitat aus einem farbenfroh illustrierten Bilderbuch ist, überrascht. Es geht weiter in die Tiefe, denn schließlich gibt es vier Fälle und wenn die Oma leichtfüßig und fröhlich über die Blumenwiese tänzelt, dann ist das natürlich ein Nominativ. "Wer oder was tanzt?": die Großmutter im gepunkteten Sommerkleid! Wenn das Wetter herrlich, die Brille cool und der Tisch wackelig ist, dann sind wir als LeserInnen bei den Adjektiven gelandet. Die Vierbeiner in der Hundeschule werden auch einiges lernen: aufhören zu schnappen, Pfötchen geben, Platz machen. Im Moment sind sie jedoch verspielte Welpen, geträumt wird also im Futur.

Hunde im Futur. Eine Grammatik in Bildern, Susanne Rieder 2021, ab 8 J.


Diese Buchtipps sind erschienen in der Zeitschrift Familienland des Landes Tirol